Feine Damen und weiche Birnen


Ich war endlich beim Friseur, gestern. Es wurde auch Zeit. Von entspannt langen Haaren war ich schon auf dem Weg zu "Zoz'n", (für Nichtbayern: Zotteln), wie meine Mutter das immer genannt hat:´"mit dene langa Zoz'n gfoist ma fei garned!") Sie war eine gnadenlose Stilkritikerin, das liebe Mütterlein. "Ziag di doch amoi a bisserl vorteilhafter o", ein anderer Klassiker aus der Jugend. Aber letzten Endes ließ sie mir und meine Schwester, als wir mal aus dem gestrickte-Strumpfhosen-und Wollhosen-Alter heraus waren, ziemlich freie Bahn. Wir waren in Grafing die ersten Mädchen, die in "Röhrlhosen" herumliefen, todschicke Dreiviertelhosen. Und unser ansonsten ungeliebter Vater hatte sehr guten Geschmack, er ließ auch mal was für tadellose glänzende braune Lederschuhe springen.
Aber ich schweife ab.
Diesmal fand ich eine Frisörin, die mein Potential erkannte und mir einen sehr hübschen Schnitt verpasste, mit dem ich mich fast wie eine feine Dame fühle. Und bei damenhaft fällt mit die Tante Fränzi ein. Sie konnte so derb fluchen, dass sich ein Kutscher versteckt hätte, und sie war uns oft ein bisschen peinlich, weil sie keinem Streit aus dem Weg ging - auch auf offener Straße. Aber wenn sie ausging, sah sie so überzeugend schick aus, mit ihrem Persianer und Klunkern, dass sie immer "Gnädige Frau" genannt wurde.
Ihre Schwester, die Trudl (später Mütterlein), war dagegen ein sportlicher Typ, Bergsteigerin und sowieso nicht mit Geld gesegnet. "Zu mir hat noch nie jemand 'Gnädige Frau' gesagt, beklagte sie sich manchmal. Zu mir und Luisa übrigens auch nicht. Und der Schmuck von Tante Fränzi stellte sich nach ihrem Tod also 100% Talmi heraus. Das hat sie toll hingekriegt!



Zur Feier des Tages machte ich eine schnelle Birnengalette. Der Teig ist mein bewährter Blätterteig aus gleichen Teilen Quark, Butter und Mehl. Ich brauchte 125g von jedem und benutzte halb 405er-Mehl, halb Weizenvollkorn.
Die Birnen werden in leicht gezuckertem Wasser mit einem Löffelchen Kardamom fast weich gekocht und dann auf dem Boden verteilt. Wie ihr seht, hatte ich nicht genug Birnen - es braucht vier große - und hab die Löcher mit einer Nektarine gestopft. Oben drauf kommen Pinienkerne. Ohne Blindbacken ca. 30 Minuten in den 180° vorgeheizten Ofen - beobachten!

***
My  Mum would be so pleased: I finally had a decent haircut yesterday. She used to tell me off for leaving my hair "unsightly and scraggly". She was a merciless style critic, bless her. But as children, my sister and I enjoyed a lot of freedom, we were the first girls in our small town allowed to wear jeans...

So, I found a hairdresser who didn't hate me on sight and cut me a cute little bob. I feel almost a bit ladylike - how long will it last?

Probably a bit longer than today's galette with poached pears. They are poached in water until almost soft, with a tbsp. sugar and a pinch of cardamom.
I didn't quite have enough pears, so I had to stuff the holes with a leftover nectarine. Not very elegant, but quite edible!
The pastry is the good old home-made puff pastry made with equal parts plain flour, butter and quark (fromage frais), here 125g was plenty. No blind baking, just stick the sliced pears on top and bake until the tarte is brown and done.

Comments

  1. You look great, Ilse!!
    Your story about your mum telling you off for leaving your hair "unsightly and scraggly" has reminded me of my father telling me off too, in this case because my car, a small Seat Panda then, was always dirty; it was true but I did not give a damn about its tidiness.
    Whenever I offered to give him a ride in my car, he used to say, 'Esto no es propio de una señorita'. (This is not correct for a young lady!'

    I like the aspect of your galette. I see it is easy. Perhaps I will give it a try!

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    1. I will remember that "esto no es propio...", thank you!

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  2. Schick, freundlich und fein siehst du aus, ganz Dame, wie ich meine. Und die Kette ist auch ein flotter Hingucker!
    Danke für die feinen und gröberen Damengeschichten. Die finde ich einfach toll!
    Mit lieben Sonntagmorgengrüssen,
    Brigitte

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  3. Guter Schnitt an schöner Halskette.
    Auch mir gefallen deine kleinen Geschichten so gut.

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  4. Wuah, ich kenn den Sager mit dem sich vorteilhaft anziehen auch, und mein Vater hat dann noch draufgelegt “und ein bissl elegant“, da war's dann endgültug aus bei mir... ich habs daher auch nie zur Gnä' Frau geschafft. Und bei uns hieß das mit der Frisur “Zoodn“. Auch ein niedlicher Ausdruck :-) Deine Frisur finde ich jedenfalls ausgesprochen vorteilhaft und fesch! Ich würde glatt Gnädige Frau zudur sagen. Liebe Grüße von Bettina

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    1. Wie wär's mit Frau Hofrat? Und "Zoodn" ist super! Liebe Grüße zurück!

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    2. Lieiebe Ilse, das war mal wieder ein 'post' für mich - hab selten so viel gelacht wie über die Schilderungen von Trudl u.Fränzi...
      Und Du siehst wirklich fein aus ! Nett fein, nicht blöd fein - Mütterlein wär zufrieden, denk ich. Liebe Grüße vom Tr.

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  5. Du bist jetzt ein ganz anderer Typ – steht dir aber gut, Frau Hofrat!
    Und so ein Stück Kuchen wär grad recht!
    Vielleicht crumble ich mir später was …
    Liebe Grüße Petra

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  6. 100 % einverstanden mit dem neuen Schnitt!

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  7. Danke für eure Frisurbefürwortungskommentare! Ich freue mich.

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  8. Hallo Ilse, dein Post bringt mich zum Lächeln. Die Regeln/Meinungen zu damenhaftem Aussehen und Aussehen haben mich noch als Kind in den 80er genervt, die sterben scheinbar nur langsam aus!

    Lieber Gruss

    Anne

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  9. Liebe Ilse,
    deine Tante Fränzi erinnert mich an meine Tante Maria, genannt "Itz" (von Maritz). Sie hatte einen deprimierten Tischler geehelicht, der, wie damals üblich, die Särge für die Toten schreinerte und diese mitsamt Fracht per Mercedes-Kombi zum dörflichen Friedhof chauffierte. Tante Itz war wohlbeleibt, trug sehr gerne großgeblümte Kleider, wagenradgroße breitkrempige Hüte nebst rotem Lippenstift und hatte den ersten Farbfernseher im Dorf. Sie verwaltete die Finanzen der Familie, besuchte später jedes Jahr ihre älteste Tochter in Griechenland und half ihr vorzugsweise im Winterhalbjahr im Haushalt und beim Kinderhüten (derer drei). Immer schick gekleidet, modisch up to date und tatkräftig in Haus und Hof. Mit lauter Stimme und einem dröhnenden Lachen gesegnet, versteht sich von selbst.
    Laß dir deine Äpfel gut schmecken!!
    Alles Liebe, Ulrike von wolkenfenster

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    1. Diese Tanten sind alle ausgestorben. Heutzutage sind sie wie du und ich...

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